Seitenaufrufe letzten Monat

Freitag, 30. März 2012

Erfahrungsbericht "Autokauf"

Geschätzte Leser,
als ausgebildeter Verkaufstrainer bin ich ja nun affin gegenüber der Behandlung von Kunden und möchte zwei totale Gegensätze, die ich innerhalb Wochenfrist erleben durfte kurz skizzieren.
Urteilen Sie selber.

Ziel: Kauf eines Autos durch Anzahlung eines Occasionswagens und Begleichung der Differenz in bar.
Vorgehen: konkrete Vorinformation über das gewünschte Gefährt, Abgabe einer Visitenkarte mit Bitte um Rückruf für eine Probefahrt mit besagtem Gefährt.

Testort 1:
Renault Garage Amriswil

Abgabe der Karte und Kurzgespräch mit dem Verkäufer (Filialleiter) erfolgte rund eine Woche vor der Testfahrt. Ich bat um eine Testfahrt mit einem Renault Clio Night and Date.
Besonderes Interesse bekundete ich zu Anfang schon an der Funktion des Navi, da dies in meiner Tätigkeit wichtig ist und ebenso an der Funktion der Freisprechanlage.
Bequeme Sitze und die Platzverhältnisse des Kofferraums sind bezüglich Guggen-Instrument für mich in Karnevalstagen unabdinglich.

Aussage des Verkäufers: In rund einer Woche kann der Wagen da sein.
Ich bat um telefonischen Avis.

Rund eine Woche später war noch kein Telefonat bei mir eingegangen.
Bei telefonischer Erkundigung wusste man nicht mehr wer ich bin und was ich wollte.
Die Visitenkarte schien man verloren zu haben.
Ich half ihm kurz auf die Sprünge und wurde für 2 Tage später sogleich zur Testfahrt eingeladen.

Ich war pünktlich vor Ort.

Mir wurde der FALSCHE Wagen (ein Clio Occasion, nicht gereinigt, altes Modell, ohne die besagten Extras, anderes Interieur, anderer Motor, etc.) vorgeführt.

Auf meine sofortige Intervention hin wurde ich mit dem Satz:

"Der ist vom Fahrgefühl her das selbe Auto" und "der andre Wagen steht grad im Schaufenster im Nachbardorf" abgewimmelt.
Ich nahm den Testwagen geduldig entgegen, zeigte meinen Aerger vorderhand nicht.

Der alte Wagen entsprach überhaupt nicht meinen Vorstellungen.
Nach 15min Fahrt brachte ich ihn zurück.

In der Zwischenzeit hatte man meinen künftigen "Eintauschwagen" bereits komplett und "gründlich" durchleuchtet. ???
Leider überstieg es die Fähigkeiten des Fachpersonals aus dem Fahrzeugausweis die richtigen Modellbezeichnungen herauszulesen für eine korrekte Preisabgabe.
Ich half korrigierend.
Ein Getränk wurde mir nicht angeboten, auch meinem Vater der ebenfalls anwesend war (mein Autosachverständiger in der Familie) nicht.
Die Extras meines Wagens hatte man übersehen. Man hatte weder Freisprechanlage, Sportfahrwerk noch Soundanlage in der Preisberechnung berücksichtigt. Der Preis bewegte sich himmelweit von einem seriösen Angebot.
Man korrigierte murrend.

Dann ging es ans Zusammenstellen des Verkaufsangebots für den neuen Clio, den ich bislang noch nie in Natura gesehen hatte.
Der Startpreis differierte um rund 5'500 CHF von dem mündlich zuvor abgegebenen Preisangebot (natürlich nach oben).
Den anderen Preis, nach dem ich natürlich fragte, liess man einfach unter den Tisch fallen.

Der Verkäufer versuchte noch einige Extras zu verkaufen (Pollenfilter, Tempomat,... Cross-Selling nach der Manier eines "Produktüberreichers" >darfs auch 100 Gramm mehr sein< von Beratungsansatz keine Spur.
Eine Visitenkarte hatte ich bislang nicht überreicht bekommen. Mit Namen vorgestellt hat sich der Herr nicht.

Mir wurde mit Bostich-Klammern geheftet ein Angebot hingeknallt.
Eine Broschüre schien ich nicht wert zu sein. Ich fragte danach und mir wurde mürrisch eine Broschüre des besagten Wagens ausgehändigt.

Ich verliess das Etablissement mit der klaren Gewissheit: HIER kaufe ich NIE ein Auto!


Szenenwechsel:
Testort 2:
Liga Garage Wil

Ich wurde zu einem Gala Event eingeladen wo man Autos ungezwungen im edlen Rahmen besichtigen konnte. Ich war eigentlich wegen dem Ziel des Netzwerkens dort, als mir ein LANCIA Ypsilon ins Auge stach.
Einem jungen Mann am Empfang gab ich meine Karte mit der Bitte um einen Rückruf in der folgenden Woche, Zwecks Vereinbarung eines Probefahrtermins.
Er fragte gleich, ob ich den Wagen lieber von einer Frau oder einem Mann präsentiert bekommen möchte.
Es gäbe da mehrere qualifizierte Verkäufer und er möchte mir gern die Wahl überlassen.
Ich war überrascht.

Ich bat um die Dame, da ich als Aesthet Freude an Leuten haben, die etwas Schönes zu betrachten und erklären verstehen. Ich sollte recht behalten.

Als ich zuhause ankam (es war nach Mitternacht) hatte ich bereits ein Bestätigungsmail auf der Inbox, dass sich besagte Dame bei mir melden will. (Sie schrieb es persönlich) und bat um Bestätigung eines kurzen Telefontermins mit einer Auswahlmöglichkeit zwischen zwei Terminen.

Ich schrieb prompt einen Termin bestätigend zurück.

Pünktlich auf die Minute erreichte mich der Anruf.
Die Dame fragte geduldig nach meinen Ansprüchen an einen Wagen und als ich das Instrument erwähnte unterbreitete Sie mir den Vorschlag:

Entweder Sie bringen das Instrument mit und wir schauen ob es reinpasst und machen gleich eine intensive Testfahrt, wo ich Ihnen jeden Knopf erkläre -

oder

Sie nehmen den Wagen 24h mit, lassen auch Ihre Partnerin einmal damit fahren und testen jedes Knöpfchen aus. Die wichtigsten Dinge in punkto Navi / Freisprechanlage etc. kann ich Ihnen auch vorher erklären, damit  Sie beruflich in diesen 24h nicht beinträchtigt sind.
Ein Vorteil letzterer Methode ist, dass wir Ihren Wagen für den Eintausch sauber unter die Lupe nehmen können um ein faires Angebot zu machen.

Klar, ich entschied mich für Variante 2. Die Übergabe war sehr sympathisch, ohne viel Geplänkel, effektiv und zielführend.

Einkaufen mit viel Taschen, Bergwege in Appenzell, Autobahnfahrten, Instrumententest, ausgiebiges Üben mit der Freisprechanlage, testen verschiedener Musik auf der Soundanlage, Vorführen bei meiner Partnerin, Nachtfahrt... etc. alles dabei.


Ich erhielt einen frisch geputzten sauberen Wagen zurück bei der Übergabe.
Bereits vorgängig hatte ich ein Mail, dass die besagte Dame selbst nicht anwesend sein wird. Mein Schlüssel war aber abholbereit, mein Wagenstandort war mir per Mail mitgeteilt worden für die erste Nachbesprechung wurde ein Telefontermin vereinbart.
Wenn wir dort zu einer Einigung kommen, treffen wir uns für ein Verkaufsgespräch.

Saubere Arbeit, Kundenbindung und Rücksichtnahme auf meine berufliche Situation und meine Wünsche.
Ich habe mich total wohl gefühlt.
Diese Garage hat bei entsprechendem Angebot, dass ich heute nach Abgabe des Testwagens noch nicht hatte, sicherlich grosse Chancen mich als Neuwagenkäufer zu gewinnen.

Meine Frage an Sie liebe Leser:
Geht es Ihnen auch so? "Vorsicht KUNDE droht mit AUFTRAG" ist eher die Regel als "Lösungsorientierter Verkauf" ?

Dies möchte ich Ihnen zum Weekend zum Bedenken mitgeben.


Freundliche Grüsse

Ihr Simon Widmer